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Stadtarchiv

Das Archiv der Verwaltungsgemeinschaft Nabburg bewahrt die Archivbestände der Stadt Nabburg und der Gemeinden Altendorf und Guteneck samt allen eingemeindeten Ortschaften auf. Vor allem die Nabburger Überlieferung reicht sehr weit zurück – so datiert die älteste Urkunde in das 13. Jahrhundert. Die fast durchgängig erhaltene Ratsüberlieferung setzt im 15. Jahrhundert ein. Darüber hinaus können hier sogar Landtagsprotokolle aus dem 16. Jahrhundert eingesehen werden. Der Überlieferungsschwerpunkt liegt allerdings in der Frühen Neuzeit und der Moderne. Damit werden alle wesentlichen Epochen der Geschichts- und Heimatforschung vom Mittelalter bis zum Ende des vergangenen Jahrhunderts abgedeckt.

Aufgabe des Archivars ist es, archivwürdige Unterlagen zu ermitteln, entsprechend aufzubereiten und mithilfe von Findhilfsmitteln so abzulegen, dass sie sowohl für die Verwaltung als auch für private Benutzer zur Verfügung stehen. Die an das Archiv gestellten Anfragen sind zumeist heimatkundlicher und genealogischer Natur.

Am 30. September 2022 wurde das Stadtarchiv in den Räumen des ehemaligen Sparkassengebäudes (Bachgasse 1) neu eröffnet. Es verfügt nun über einen freundlichen Lesesaal mit einer Handbibliothek für Benutzer.

Im Eingangsbereich lädt eine Vitrine mit wechselnden Ausstellungen ein, sich in die vielfältige Geschichte Nabburgs und seiner Umgebung zu vertiefen. Hier werden für wenige Wochen historische Dokumente, Urkunden, Bilder und Pläne präsentiert, die sonst im Magazin verwahrt werden.

 

Die aktuellen Öffnungszeiten:

Montag: 9 – 13 Uhr; 14 - 17 Uhr

Dienstag: 9 – 11 Uhr

Mittwoch: 9 – 11 Uhr

Donnerstag: 9 – 13 Uhr; 14 - 17 Uhr

Freitag: 9 – 11 Uhr

 

Bitte beachten Sie, dass es aus personellen Gründen zu kurzfristigen Änderungen kommen kann.

Daher empfiehlt sich bei konkreten Anliegen eine Terminvereinbarung telefonisch oder per Mail.

Ein Akt christlicher Nächstenliebe

Stets in Konkurrenz zueinander und dennoch schicksalhaft miteinander verbunden. Man konnte nicht mit-, aber noch viel weniger ohneeinander. – So lässt sich wohl das Verhältnis von Nabburg und Pfreimd über die Jahrhunderte hinweg charakterisieren.

Mitten im 18. Jahrhundert, im Jahr 1754, brannte der Pfreimder Stadtteil Freyung völlig nieder, sodass sich die Nabburger „aus Christlichen Mitleyden“ zu einem Akt der Nächstenliebe veranlasst sahen. In einem Magistratsbeschluss vom 12. Juli ist nachzulesen, dass aus den „Casten Ämbteren“, also den Getreidemagazinen von Stadt, Kirche, Messverwaltung, Almosenstiftung und Spitalstiftung insgesamt 6 Achtel Getreide bereitgestellt werden sollte – und das „gratis“. Das Achtel war ein frühneuzeitliches Getreidemaß, das in Nabburg und Umgebung etwa 111 Litern entsprach. Mit dieser Getreidelieferung sollte wenigstens dem Hunger in Pfreimd, denn die Vorräte waren ja auch verbrannt, abgeholfen werden.

„Khorn Anschaffung denen Abbrändtlern der Stadt Pfreimbt […].

Daß grosse Ellendt, in welches die Abbrandtler der Freyung der Statt Pfreimbt durch deren total Abbrennung gestirzet worden seynd, liget iederman vor Augen, so zwar, wan selbigen mit ainigen Speis Getraidt nit beygesteuert und under die Achsl gegriffen werden sollte, die eusserist Betrangte gar erhungern müssen. Dahero hat man aus Christlichen Mitleyden nachfolgende Casten Ämbteren von Magistrats wegen aufgetragen, das solchen Abbrändtlern zur etwelchen Beyhilff das StattCammer Castten Ambt 2 Achtl, Gottshaus 1 Achtl, Messverwaltung 1 Achtl, Allmosenambt 1 Achtl und Spittall Ambt 1 Achtl Khorn auf deren Anmeldten gratis abfolchen und in den Rechnungen per Ausgab bringen lassen sollen. Signatum Nabburg den 12. July 1754.“

(aus: Stadtarchiv Nabburg, Bd. 76b Ratsprotokolle 1753–1758, Bl. 80r)

Diese Episode der interkommunalen Zusammenarbeit und noch viel mehr halten die im Stadtarchiv Nabburg aufbewahrten Ratsprotokollbücher bereit, die bis in das 15. Jahrhundert zurückreichen.



Die Stiftungen der jüdischen Familie Baum in Nabburg

Die bekannteste jüdische Familie in Nabburg war die Familie Baum, der das sog. „Baum-Haus“ am Unteren Markt (Unterer Markt 3, alte Haus-Nr. 50) gehörte. Alois Baum (1860 – 1917) hatte nach seiner Heirat mit Clara Wilmersdörfer (1861 – 1925) 1888 die Nabburger Filiale des Bekleidungsgeschäftes seines Schwiegervaters Joseph Wilmersdörfer in Weiden übernommen (das dortige Geschäft wurde später von Max Friedmann übernommen und existiert noch heute).  Die zunächst unter den Namen Wilmersdörfer-Baum firmierende Niederlassung wurde später in „Kaufhaus Alois Baum“ umbenannt.

Alois Baum engagierte sich im gesellschaftlichen Leben Nabburgs: Er war Mitglied der Feuerwehr und starb an einer Erkrankung, die er sich bei einem Einsatz zugezogen hatte – im Alter von 57 Jahren. Zu seinem frühen Tod wird auch die Ungewissheit über das Schicksal seines Sohnes Josef beigetragen haben, wovon unten noch die Rede sein soll. Aktenkundig ist – neben anderen Nabburger Bürgern – seine Spende zum 90. Geburtstag des Prinzregenten Luitpold 1911. Mit dieser Spendensammlung wurde eine aufwendige Handwerksarbeit durch die bayerischen Kommunen finanziert, auf der auch das Nabburger Stadtwappen angebracht war.

Besonders erwähnenswert ist aber eine Stiftung, die vom Ehepaar Baum während des Ersten Weltkriegs eingerichtet wurde. Der einzige Sohn Josef (1897 – 1968) nahm als Soldat am Krieg teil und geriet im September 1916 bei Lipica Dolna an der Narajowka in Galizien (heute westliche Ukraine) in russische Kriegsgefangenschaft. Die um das Schicksal ihres Sohnes ernsthaft besorgten Eltern beschlossen daraufhin, jedes Jahr „zwei bedürftige Kriegsteilnehmer des jetzigen Krieges oder deren Familien“ finanziell zu unterstützen im Rahmen der „Alois und Klara Baum’schen Kriegsstiftung 1914/1917“.

Die Präambel der Stiftungsurkunde vom 7. März 1917 lautet: „Im Vertrauen auf Gott, dass unser Sohn Josef gesund aus der russischen Kriegsgefangenschaft in seine Heimat Nabburg zurückkehrt…“. Das Stiftungskapital betrug 1000 Mark (in Kriegsanleihe-Papieren des Deutschen Reiches), die Auswahl der Begünstigten sollte der Stadtmagistrat treffen und ihnen am 2. Januar jeden Jahres die anfallenden Zinsen auszahlen. Sollten irgendwann keine „Kriegerfamilien“ mehr vorhanden sein, sollten die Zinsen an zwei bedürftige Familien in Nabburg gehen. Die Vorlage des Urkundentextes findet sich auf einem Briefpapier des Kaufhauses Baum mit einer repräsentativen Ansicht des Gebäudekomplexes in seiner damaligen Gestalt (siehe Abbildung oben). In der überarbeiteten, endgültigen Fassung des Urkundentextes vom 20. Mai 1917 wurde noch der Passus angefügt: „Um etwaige Zweifel zu beseitigen, bestimmen wir, daß, wenn es Gottes Wille wäre, daß unser Sohn in der Gefangenschaft sterben und nicht mehr nach Nabburg zurückkehren sollte, eine Aenderung (!) der Stiftung und des Zweckes nicht eintritt.“

Der Stadtmagistrat zeigte sich über die Stiftung „hocherfreut“ und sprach den Stiftern in einem Schreiben vom 27. April 1917 „für den hierdurch bekundeten Wohltätigkeits- und Gemeinsinn Dank und Anerkennung“ aus. Die Annahme der Stiftung wurde in der Magistratssitzung am 20. Juni 1917 beschlossen und die Übernahme der Verwaltung der Stiftung „im Sinne der Stiftungsurkunde“ von Bürgermeister Alois Gürtler bestätigt.

Am 31. Dezember 1917 wurden die Begünstigten der Stiftung für das Jahr 1918 ausgewählt: Frau Bauer, die „schwer erkrankt“ war, „in elenden Verhältnissen“ lebte und deren beide Söhne im Krieg verwundet worden waren, sowie der verwundete Kriegsteilnehmer A. Weidner und seine Familie erhielten je 25 Mark ausbezahlt. In den Jahren 1919 und 1920 erhielten je zwei Witwen – offenbar von gefallenen Soldaten – die festgesetzten 25 Mark Unterstützung. Ab 1918 findet sich eine weitere Auszahlung jeweils am Geburtstage des verstorbenen Stifters, am 26. Oktober; 1921 wurden ebenfalls zu beiden Terminen je zwei Witwen bedacht. Interessant ist, dass 1921 und 1922 jeweils die gleichen Witwen berücksichtigt wurden.

Die Verdoppelung der Auszahlungen wurde dadurch möglich, dass die Witwe Alois Baums, Clara, am 4. August 1918, dem ersten Todestage ihres verstorbenen Mannes, eine Zustiftung um weitere 1000 Mark (ebenfalls in Kriegsanleihen) vornahm. Die Stiftung sollte „Alois Baum’sche Stiftung“ genannt werden „zu Ehren und zur ewigen Erinnerung seiner Persönlichkeit“ und die Auszahlung unter den gleichen Bedingungen wie bei der ersten Stiftung, jedoch am Geburtstag Alois Baums erfolgen. Das Schreiben vom 18. Juli 1918 wurde außer von Clara Baum auch von ihren Kindern Gertrud, Irma und Josef unterzeichnet. Die Zustiftung bestätigte der Nabburger Magistrat am 6. August 1918 und Bürgermeister Gürtler sprach am 6. November 1918 in einem Schreiben an die Witwe und ihre Kinder „Anerkennung und Dank“ aus.

Eine weitere Zustiftung war bereits 1917 erfolgt. Damals hatte der Kommerzienrat Karl Schmidt in Hof, Inhaber des gleichnamigen Bankgeschäfts (später SchmidtBank), aus Anlass seines 25-jährigen Geschäftsjubiläums dem bayerischen König Ludwig III. die Summe von 10 000 Mark zur Verfügung gestellt. Der König hatte daraufhin bestimmt, dass die Summe an den Orten „für Wohlfahrtszwecke“ verteilt werden sollte, an denen das Schmidtsche Bankgeschäft Zweigstellen unterhielt. Da in Nabburg bereits seit 1911 eine Geschäftsstelle bestand, wurden dem Magistrat 200 Mark per Postscheck überwiesen. Der Stadtrat beschloss am 20. Juni 1917, diese als Zustiftung zur Baumschen Stiftung zu verwenden und von der Summe ebenfalls Kriegsanleihe-Papiere zu erwerben. Aus den Zinsen wurden noch 1917 je 5 Mark an zwei bedürftige Soldatenmütter bezahlt.

Ebenfalls im Jahr 1917 kam eine zweite Zustiftung hinzu. Der Verein „Feuchtes Eck“ hatte nach dem Vorbild vieler anderer deutscher Städte ab Herbst 1916 die Nagelung eines Kriegswahrzeichens durchgeführt und daraus 332 Mark eingenommen. Davon wurden 300 Mark dem Magistrat übergeben, der diese per Beschluss vom 31. Dezember 1917 der Baumschen Stiftung zuführte. Die Zinsen in Höhe von 7,50 Mark sollten zweimal jährlich jeweils an ein Erstkommunionkind eines Kriegsteilnehmers ausgezahlt werden.

Bereits 1920 wurde in einem Schreiben der Regierung der Oberpfalz festgestellt, dass es sich bei der Baumschen Stiftung nicht um eine Stiftung im eigentlichen Sinne handeln würde, sondern um „Schenkungen an die Stadtgemeinde mit der Auflage, die Erträgnisse zu bestimmten Zwecken zu verwenden“. Es wurde empfohlen, aufgrund der niedrigen Zinsen entweder die Zahl der Begünstigten oder die Auszahlungstermine zu reduzieren.

Anfang 1923 wurde dann deutlich, dass aufgrund der herrschenden Inflation „25 M bei der jetzigen Geldentwertung eine Hilfe nicht mehr gewähren können“, weswegen Clara Baum den auszuzahlenden Betrag durch eine einmalige Spende von 350 Mark auf 400 Mark erhöhte, so dass zwei Witwen im Bürgerspital je 200 Mark ausgezahlt werden konnten.

Eine letzte Zustiftung ist 1925 aktenkundig. Im Februar 1925 übergab Sally Bruckmann (1890 – ca. 1942), Ehemann von Gertrud Baum (1892 – ca. 1942) zur Erinnerung an seine am 28. Januar verstorbene Schwiegermutter Clara Baum Bürgermeister Johann Eckl 50 Mark „als vorläufigen Zins für eine am 1. Todesjahrestag der verst. Frau Baum zu errichtende Stiftung“. Der Stadtrat verfügte am 18. Februar 1925, die Summe der Armenkasse zufließen zu lassen.

Mit dieser Mitteilung endet die Akte des Stadtarchivs über die Baumsche Stiftung. Informationen über Auszahlungen nach 1923 sind nicht mehr enthalten. Aus anderweitiger Überlieferung geht hervor, dass die Kriegsanleihe-Papiere später verkauft wurden und die Stiftung 1938 nicht mehr bestand. Damals waren die jüdischen Stiftungen im Deutschen Reich aufgelöst worden.

Quellen- und Literaturhinweis:

  • Gabriele Ziegler/ Franz Grundler: Gedenke und erzähle. Die jüdischen Familien Baum, Wilmersdörfer und Bruckmann in Nabburg, Nabburg 2007 (hier S. 8 f.)
  • Stadtarchiv Nabburg, Akten II, Nr. 2955